Nitrieren
Nitrieren ist eine thermochemische Behandlung eines Stahls zur Erzeugung einer hochharten, verschleißbeständigen Randschicht. Dabei werden die Werkstücke in stickstoff-abgebender Umgebung, je nach Verfahren, auf Temperaturen zwischen 500°C und 550°C erwärmt. Nach der Wärmebehandlungsdauer von wenigen Minuten bis zu 100 Stunden wird langsam, bei unlegierten Stählen auch schnell, abgekühlt.
Beim Nitrieren diffundiert Stickstoff aus dem Nitriermittel in den Werkstoff. Die dadurch bedingten Erhöhungen der Härte und Verschleißbeständigkeit haben nachfolgende Ursachen:
• Am äußersten, stickstoffreichen Rand des Werkstücks bildet sich eine geschlossene, sehr harte Schicht aus Eisennitriden oder Nitriden der Legierungselemente.
• In tieferen, stickstoffärmeren Bereichen scheiden sich Eisennitride oder Nitride der Legierungselemente aus. Die ausgeschiedenen Teilchen behindern den Verformungsprozess und führen auf diese Weise zu einer Härtesteigerung. Darüber hinaus sind einige Stickstoffatome auch auf Zwischengitterplätze in das Gitter des Ferrits eingelagert. Sie verursachen lokale Gitterverzerrungen, die den Verformungsprozess behindern und dadurch zur Härtesteigerung beitragen.
Das Nitrieren besitzt gegenüber dem Flamm- und Induktionshärten bzw. dem Einsatzhärten eine Reihe von Vorteilen:
• Die Oberflächen nitrierter Bauteile weisen eine deutlich höhere Härte auf, da die Nitrierschicht härter ist als Martensit.
• Nitrierschichten besitzen eine hohe Verschleißbeständigkeit, die jedoch nicht, wie man vermuten könnte, durch die hohe Härte, sondern in erster Linie durch die folgenden Effekte verursacht werden:
· niedriger Reibungswert der Nitrierschicht
· geringe Neigung zur Adhäsion
· chemische Inaktivität der Nitride bzw. der Nitrierschicht
. hohe Abriebbeständigkeit der Nitrierschicht. Diese
Einflussgröße ist allerdings von der Härte der Ver-
bindungs- bzw. Diffusionsschicht abhängig. Deren Dicke
sollte daher mindestens 5 µm bis 15 µm betragen.
• Nitrierschichten besitzen eine hohe Warmhärte, das heißt, die Härte der Oberflächenschicht bleibt auch bei höheren Temperaturen (bis nahe der Nitriertemperatur von etwa 500°C) erhalten.
• Nitrierschichten tragen kaum auf. Daher können die Bauteile vor dem Nitrierhärten bereits weitgehend fertig bearbeitet werden.
• Es tritt keine nennenswerte Maß- oder Formänderung auf, da die Werkstücke im Ofen langsam abkühlen und daher keine Gefügeumwandlung erfolgt.
• Nitrierschichten besitzen eine gute Korrosions-beständigkeit. Insbesondere die kompakte, aus Nitriden bestehende Verbindungsschicht, hemmt aufgrund ihres hohen Kohlenstoffgehalts mögliche Reaktionen der Stahloberfläche mit dem umgebenden Medium.