Werbetext im Visier
1. Venos – die Fisch- und Feinmarkthalle
Ein gutes Beispiel für einen gelungenen Neologismus ist das Wort: Feinmarkthalle, zudem eine Fisch- UND Feinmarkthalle.
Oder waren Sie schon mal in einer Feinmarkthalle, oder gehen Sie gar regelmäßig im Feinmarkt einkaufen?
Wohl kaum. Das Wort „Feinmarkthalle“ ist bei Lichte besehen ganz grober Unfug. Was sollte in einem Feinmarkt wohl verkauft werden? Feine Sachen? Wie im Großmarkt „große Sachen“ verkauft werden?
Das Wort Feinmarkthalle ist lexikalischer Murks – und funktioniert doch! Denn ganz automatisch vervollständigen wir beim Lesen das Wort „Fein-“ zu „Feinkost“, zumal es hier in der Kombination „Fisch- und Feinmarkthalle“ steht. Der Werbetexter hat hier nicht nach Logik, sondern nach Klang entschieden: „Feinkostmarkthalle“ würde sich nicht nur extrem spröde anhören, es ist auch einfach zu lang. Daß die Logik des Wortes dabei flöten geht, nimmt der Text in Kauf. Und wir meinen: zurecht.
2. Apotheke
Mit einem munteren kleinen Wortspiel kommt diese Apothekenwerbung daher: „Er hat was gegen Wehwehchen“ und „Dr. Rudolf S., Apotheker“ lautet ihr Text. Der Doppelsinn des Satzes offenbart sich nicht gerade im ersten Moment, aber es gibt ihn. Der Werbetexter spielt hier sowohl mit der Bedeutung: „Der Apotheker hat ein Mittel gegen Wehwehchen“, als auch: „Der Apotheker kann Wehwehchen nicht leiden.“ Die Botschaft soll sicherlich sein: In der Apotheke ist man mit seinen Wehwehchen – welcher Art auch immer – gut und vertrauensvoll aufgehoben. Dafür wirbt schließlich das signalrote, höchst populäre und weithin sichtbare Apotheken-Signet, auch der weiße Kittel des Herrn Apotheker.
So weit so gut. Doch wo bleibt das Gegenstück zu diesem einen Satz? Wo „schließt“ sich der Text? War das schon der ganze Witz? Begründet die Zeile: „Dr. Rudolf S., Apotheker“ irgendeinen zusätzlichen Aspekt? Wo ist die Pointe in diesem spärlichen Text?
Zugegeben: Wenig Text ist immer begrüßenswert. Und was man weglassen kann, sollte man weglassen. Aber: Wenn schon extrem wenig Text, dann muß er zünden! Den Zündfunken aber erkennen wir hier nicht. Ein überzeugendes Argument für den niedergelassenen Apotheker läßt sich diesem Werbetext schwer entnehmen. Und, ganz nebenbei: Würden Sie diesem Mann ihre Wehwehchen anvertrauen?
3. Sahne Joghurt
Einen leckeren, weil schön sahnigen Joghurt stellt die Firma „Weideglück“ her. Er ist gemacht nach griechischer Art, was nichts anderes heißt, als daß der Joghurt satte 10% Fett hat.
Verpackt ist er im handlichen 1-kg-Plastikeimer mit Henkel zum Davontragen. Ein Blick auf die Beschriftung des Eimers zeigt: „Sahne Joghurt“ – zwei Worte, denn einzelne Worte mit vier Silben sind schon eine Ungezogenheit, und die gilt es zu vermeiden. Gemeint ist Sahnejoghurt. Aber immerhin … nein! Die zu erwartende Anführung im Großraum „griechischer Art“ fehlt. Toll! Denn dazu gäbe der Text auch überhaupt keinen Grund. Dann aber steht daneben: „1000 g family“. Aha. Tausend Gramm family… was? Was heißt hier family? Warum englisch? Und was ist das überhaupt für eine Wortart, das „family“? Ein Substantiv? Dann wäre hier von einer 1000-Gramm-Familie die Rede. Ein Joghurt für die Tausend-Gramm-Familie? Kaum. Ein Adjektiv? Wie ist das Joghurt? family! Noch kaumer. Ein Verb? Am kaumsten! Family