Verantwortungsbewusste Geschäftsführer kümmern sich deshalb aktiv um Prävention. Beim Fraud Management geht es um die systematische Vorbeugung und Aufdeckung strafrechtlicher Handlungen. Wir haben mit Jochen Ball von der Unternehmensgruppe Dornbach gesprochen. Dornbach ist in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung und Unternehmensberatung aktiv und berät in diesem Zusammenhang auch in allen Aspekten des Fraud Managements.

Herr Ball, wie wirtschaftskriminell geht es in Deutschland zu?

Circa jedes dritte Unternehmen ist betroffen, so zumindest Ergebnisse von Umfragen in diesem Zusammenhang. Meines Erachtens ist die tatsächliche Rate noch höher.

Wird Fraud Management also immer wichtiger?

Ja, denn ungefähr 50 Prozent der Fälle werden „lediglich“ rein zufällig entdeckt.

Wie wird Wirtschaftskriminalität meistens aufgedeckt?

Sehr häufig nach unternehmensinternen Hinweisen durch sogenannte Whistleblower.

Gibt es typische kriminelle Vorkommnisse im Beschaffungswesen?

Ja, die gibt es. Zum Beispiel sind Manipulationen von Ausschreibungsverfahren nicht selten sowie überwiegend mündlich erteilte Aufträge zur Vermeidung von Dokumentation.

 

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„Ungefähr 50 Prozent der Fälle werden rein zufällig entdeckt.“

Jochen Ball, Dr. Dornbach Treuhand GmbH

 

Was genau ist Fraud Management?

Nach unserem Verständnis ist unter Fraud Management die Bündelung von Maßnahmen innerhalb eines Unternehmens zur Vermeidung sogenannter doloser Handlungen zu verstehen – beziehungsweise diese aufzudecken und aufzuarbeiten. Als dolose Handlungen bezeichnen wir Handlungen, die zu absichtlichen Schädigungen von Unternehmen oder Dritten führen und der persönlichen Bereicherung dienen.

Dies können Straftatbestände und Delikte aus der Wirtschaftskriminalität wie Diebstahl, Betrug, Untreue, Urkundenfälschung und Unterschlagung sein. Einige zählen auch Vergehen aus dem Bereich der Computerkriminalität sowie Korruption und illegale Preisabsprachen dazu.

Wie lassen sich risikobehaftete Unternehmensbereiche ermitteln?

Am besten durch eine bewusste Wahrnehmung von Veränderungen mittels sensitivem Blick auf die Unternehmenszahlen – denn trotz aller Verschleierungsmaßnahmen bleiben in der Regel Auffälligkeiten zurück. Hilfreich kann auch eine Red-Flag-Analyse sein, gegebenenfalls mittels Software-Tools (Stichwort: Data Mining).

Ist Fraud Management immer auch ein IT-Thema?

Unseres Erachtens nach unbedingt, da inzwischen die überwiegende Zahl der Unternehmen IT im Einsatz hat und Webbetrug im Rahmen der allgemeinen IT-Sicherheit eine Rolle spielt.

Gibt es spezielle Anti-Fraud-Lösungen für den Einkauf?

Bei der Risikoidentifizierung für den Einkauf empfiehlt es sich, nach dem Drill-Down-Prinzip vorzugehen, also sich hierarchisch von oben nach unten zu bewegen: Länder, Geschäftsbereiche, Produkt- und Materialgruppen, verbundene Unternehmen. Daneben bietet sich die Nutzung von statistischen Verfahren (Regressionsanalyse-Verfahren, Approximation und Benchmark-Analyse) an Ziel ist es, per Vergleich ungewöhnliche Werte zu ermitteln. Es geht beispielsweise darum, mit Hilfe eines Regressionskoeffizienten eine Interpretation der vorgefundenen Werte zu ermöglichen.

Haben Sie einen Tipp, wie unsere Leser „auf die Schnelle“ für mehr Sicherheit in ihrem Unternehmen sorgen können?

Wir empfehlen die Durchführung eines moderierten Fraud-Quick Checks. Dies ist eine standardisierte Vorgehensweise zur Analyse und Bewertung des Fraud Managements auf Seiten des Kunden. Ausgehend von einem Anamnesegespräch (Erfassung von Geschäftsmodell, Risikosituation und des internes Kontrollsystems) erfolgt eine Analyse der Fraud-Risikosituation mit anschließender Bewertung (Aufbau und Wirksamkeit).

So bekommt ein Unternehmen einen ersten groben Überblick über die Gefährdungssituation beziehungsweise besonders anfällige Abteilungen.

Vielen Dank für das Interview!