2022: Der Handel mit dem Osten ist auf Rekordniveau

Im Februar 2023 meldete der Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft (OAOEV) – ein Rekordhoch für das Gesamtjahr 2022. Demnach stieg der deutsche Außenhandel mit den 29 Ländern der OAOEV-Region 2022 auf einen neuen Höchststand von 562 Milliarden Euro an. Damit trugen sie 18 Prozent zum gesamten deutschen Außenhandel bei.

Bemerkenswert: Trotz der politisch angespannten Lage ist der Wert des Warenaustausches mit Osteuropa erneut höher ausgefallen als der Deutschlands mit China und den USA zusammen.

Klarer Verlierer war 2022 Russland. Mit 15 Milliarden Euro sackten die Exporte an den Aggressor im Ukrainekonflikt um über 12 Milliarden Euro (-45 Prozent) unter den Wert des Vorkriegsjahres 2021. „Rein statistisch hat der Krieg die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen bereits um 20 Jahre zurückgeworfen und ein Ende dieser Negativentwicklung ist nicht abzusehen“, sagte der Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms bei der Vorstellung der Zahlen.

Osteuropa als Beschaffungsmarkt

Mittlerweile hat sich die Stimmung allgemein etwas eingetrübt. Nach den OAOEV-Daten für Januar bis einschließlich Juni 2023 ist der gesamte Handel mit Osteuropa um 2,3 Prozent gesunken. Besonders deutlich ist der Rückgang bei den Einfuhren aus der Region (minus 6,8 Prozent). Die Ausfuhren wuchsen um 2,5 Prozent.
In absoluten Zahlen ergibt sich folgendes Bild für das erste Halbjahr 2023: Der gesamte Warenverkehr Deutschlands mit der OAOEV-Region belief sich auf rund 275 Milliarden Euro (Januar bis Juni 2022: 281 Milliarden Euro). Dabei hatte der Export einen Wert von gut 140 Milliarden Euro (2022: 136 Milliarden Euro) und der des Imports machte 135 Milliarden Euro aus (2022: 145 Milliarden Euro).
Möglicherweise könnten die Zahlen bald wieder besser werden: Das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) sieht in den Volkswirtschaften Osteuropas einiges Potenzial. Demnach überwinden sie langsam den Schock des Krieges. „Das Wachstum hat die Talsohle durchschritten“, sagt der wiiw-Leiter Mario Holzner. Für die EU-Mitgliedsstaaten der osteuropäischen Region erwartet er ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent im Jahr 2023.

Nach dem vorhergesagten BIP der einzelnen Länder ergibt sich folgende Lage im prozentualen Vergleich zu 2022:

  •        Kosovo: 3,6 Prozent
  •        Albanien: 3,3 Prozent
  •        Moldau: 3,0 Prozent
  •        Montenegro: 2,9 Prozent
  •        Türkei: 2,6 Prozent
  •        Kroatien: 2,5 Prozent
  •        Bulgarien: 1,7 Prozent
  •        Bosnien-Herzegowina: 1,7 Prozent
  •        Ukraine: 1,6 Prozent
  •        Nordmazedonien: 1,6 Prozent
  •        Russland: 1,5 Prozent
  •        Serbien: 1,5 Prozent
  •        Slowenien: 1,4 Prozent
  •        Slowakei: 0,6 Prozent
  •        Tschechische Republik: 0,2 Prozent
  •        Ungarn:  minus 0,5 Prozent

Polen bleibt wichtigster Handelspartner

Polen ist weiter der größte osteuropäische Handelspartner Deutschlands. 2022 wuchs das Außenhandelsvolumen mit Polen laut OAOEV um 13,5 Prozent auf fast 168 Milliarden Euro. Damit liegt Polen als Handelspartner auf Platz 5 nach China, den USA, den Niederlanden und Frankreich. Tschechien kletterte von auf Rang 11 auf 10, die Russische Föderation stieg von Rang 13 auf 16 ab, Rumänien kam auf Rang 21 (2021: 19) und die Slowakei auf 22 (2021: 20).

„Der Handel mit der Ukraine ist mit minus sieben Prozent 2022 weniger stark eingebrochen, als dies angesichts der dramatischen Lage zu erwarten gewesen wäre“, sagt Harms.

Der Absturz Russlands ist seiner Ansicht nicht nur eine Folge der Wirtschaftssanktionen. „Die Mehrheit der deutschen Unternehmen im Russland-Geschäft tut wesentlich mehr, als es die Sanktionen verlangen, hat ihr Neugeschäft eingestellt oder ist dabei, ihr Russland-Geschäft komplett abzuwickeln.“

Lohnkosten auf niedrigem Niveau

Insgesamt bleibt Osteuropa für deutsche Unternehmen wichtig. Nicht zuletzt wegen der vergleichsweise niedrigen Arbeitskosten. Das zeigt ein Eurostat-Vergleich der Stundenlöhne für das Produzierende Gewerbe und den Dienst­leistungs­bereich im Jahr 2022. Zusammengenommen liegen die Lohnkosten in Deutschland bei 39,50 Euro. Demgegenüber sieht es in einigen ausgewählten osteuropäischen Ländern wie folgt aus.

  • Slowenien: 23,10 Euro
  • Tschechische Republik: 16,40 Euro
  • Slowakei: 15,60 Euro
  • Litauen: 13,10 Euro
  • Polen: 12,50 Euro
  • Lettland: 12,20 Euro
  • Kroatien: 12,10 Euro
  • Ungarn: 10,70 Euro
  • Rumänien: 9,50 Euro
  • Bulgarien: 8,20 Euro

Fazit

Osteuropa ist und bleibt für Deutschland einer der wichtigsten Beschaffungsmärkte. Die dortigen Lieferanten sind vor allem wegen niedriger Lohnkosten bei gleichzeitig hoher Qualität interessant für Einkäufer. Zudem punktet Osteuropa durch seine geografische Nähe zu Deutschland.
 

Please accept marketing-cookies to watch this video.