Herr Issler, vor rund einem Jahr haben Sie die Projektgruppe Onlinemarketing aus der Taufe gehoben. Findet das Thema bei Mittelständlern noch zu wenig Beachtung?
Die Offensive Mittelstand bietet viel, zum Beispiel im Bereich Personal. Das ist ein wichtiges Thema, aber andere sind es eben auch. Marketing könnte für KMUs noch präsenter sein, und ich fand vor allem das Onlinethema unterrepräsentiert.
War es leicht, Mitstreiter zu finden?
Ich habe den Bedarf ausgelotet und nach positivem Feedback eine Präsentation bei der Arbeitsgruppe im Wirtschaftsministerium abgehalten. Das ist die Keimzelle der Offensive. Das Plenum, das über jede neue Fachgruppe entscheidet, hat zugestimmt.
Wie muss man sich die konkrete Arbeit vorstellen? Alle KMUs in Bayern unter einen Hut zu bringen, ist sicher nicht einfach …
Wir treffen uns auf Onlinekonferenzen, außerdem arbeiten wir mit Seminaren und Webinaren. So können wir sogar bundesweit tätig sein – und unser Thema bekommt so auch die zu ihm passende Form.
Nutzen KMUs das Internet bisher noch zu wenig als Werbe- und Vertriebsweg?
Definitiv ja. Für viele ist das Internet immer noch etwas Neues. Es geht uns daher gar nicht um ausgeklügelte Vertriebsstrategien. Wir wollen zunächst einmal Bereitschaft für das Onlinethema wecken. Wir möchten neues Denken in die Unternehmen hineintragen – und hoffen, dass uns das mithilfe von Workshops und Seminaren gelingt.
Wo sehen Sie das größte Problem?
Viele Firmen machen ihre Internetseiten noch selbst. Es fehlt die Bereitschaft, Geld in die Hand zu nehmen und das Thema professioneller anzugehen. Ihnen dient das Internet nur als Präsenzmedium. Oder sie haben kein Interesse, weil es ihnen nicht an Aufträgen mangelt. Für viele ist das Internet noch kein Vertriebskanal, obwohl es das eigentlich wäre. Es dient mehr der Außendarstellung und vielleicht noch, um neue Kunden oder Lieferanten zu gewinnen.
Eines Ihrer Ziele ist es, dass Firmen das Internet stärker als Plattform für Stellenausschreibungen nutzen. Mangelt es denn an qualifizierten Fachkräften?
Hier im Süden ist Fachkräftemangel tatsächlich ein zentrales Problem. Gerade KMUs haben es schwer, denn wenn sie die Wahl haben, gehen die Leute lieber zu größeren Firmen, weil sie sich dort mehr versprechen. Onlinemarketing dient aber auch dazu, gute Mitarbeiter zu halten. Der Wohlfühlfaktor spielt eine wichtige Rolle. Da lässt sich mit gutem Marketing viel bewegen.
Mit gutem Marketing lässt sich viel bewegen.
Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Wir haben hier zum Beispiel einen Malerbetrieb, der hatte es schwer, Auszubildende zu bekommen. Mit dem neuen Internetauftritt hat sich das geändert: Der Betrieb präsentiert dort innovative Maltechniken, außerdem gibt es einen Blog. Der Inhaber lebt diese Ideen aber auch persönlich. So fährt er mit den Auszubildenden auf die Baustellen, um alles zu zeigen und sie ins Team einzuführen. Da fühlt sich dann jeder mitgenommen und als Teil des Ganzen. Die flache Hierarchie wird nicht nur propagiert, sie wird vorgelebt, und die Website ist das Kommunikationsinstrument dafür. Wer in diesem Betrieb eine Ausbildung machen möchte, muss mittlerweile zwei Jahre warten.
Das heißt, die Unternehmen müssen sich etwas einfallen lassen …
Wer sich jung und innovativ präsentiert, hat Erfolg. Wer als junger Mensch heute eine Stelle sucht, dem sind die Themen Teamgeist, flache Hierarchien, aber auch gute Weiterbildungsmöglichkeiten wichtig. Wir betreuen beispielsweise ein kleines Tiefbauunternehmen, das mithilfe einer eignen Facebook-Seite Auszubildenden eine Gemeinschaftsplattform bietet.
Was muss eine Website heute bieten?
Die Firmenpolitik sollte sich herauskristallisieren. Sie muss die entscheidenden Fragen beantworten: Wo bin ich Experte? Wo bin ich besser als mein Wettbewerber? Je intensiver ich die Lösung auf der Website benenne, desto besser funktioniert das. Die Idee, nur einen klassischen Firmenprospekt ins Netz zu stellen, hat ausgedient.
Wie locke ich die Leute auf meine Seite und halte sie dann auch dort?
Mit aktuellen Informationen. Da die Seiten heute nur noch schnell überflogen werden, brauche ich starke Bilder, gute Überschriften. Ich muss Blickfänge schaffen und Menschen emotional abholen. Dann kann ich Links setzen zu Unterseiten, um inhaltlich mehr in die Tiefe zu gehen. Wenn ich die Nutzer einmal angesprochen habe, dann sind sie auch bereit, zu lesen und mehr Zeit zu investieren. Wenn ich dann noch einen interessanten Blog schaffe, dann kommen sie auch wieder. Ich kann dort Geschichten über mein Unternehmen erzählen. Wichtig ist nur, den Blog mindestens einmal wöchentlich zu aktualisieren. Es fällt kleineren Unternehmen häufig schwer, am Ball zu bleiben.
Womit können sie gegenüber größeren punkten?
Menschen wollen von Menschen kaufen. Ich kann als kleines Unternehmen von meiner Persönlichkeit profitieren. Das heißt: Je persönlicher eine Website ist, desto besser.
Herr Issler, vielen Dank für das Interview!
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