Anhaltend niedrige Zinsen, Sanktionen gegen Russland, dann auch noch der Brexit und die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten – selten war die weltpolitische Lage für mittelständische Unternehmen so schwierig wie jetzt. Und vor allem so unsicher – denn noch weiß niemand so recht, wohin die Reise mit Trump gehen wird. Wie weit wird er’s treiben? Strafzölle? Ein Handelskrieg mit China? Wird er die Europäische Union zerstören oder vereinen? Die eher risikoscheuen Mittelständler stehen vor einer großen Herausforderung: Wohin mit dem Geld in dieser Situation?
 

Ausbau der Anlagen oder Expansion

In der Regel investieren kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) ihre Gewinne in den Ausbau der eigenen Werke, der eigenen Anlagen oder in die Expansion. Das aber, sagt Nadine Kammerlander, Inhaberin des Lehrstuhls für Familienunternehmen an der WHU, sei beides momentan schwierig. »Seit Trump in den Vorwahlen gewonnen hat, ist eine große Unsicherheit bei den Unternehmern zu spüren. Bisher baute man sein Werk in Mexiko, wenn man in den USA verkaufen wollte – das macht man jetzt lieber erst mal nicht mehr.« Auch die Sanktionen gegen Russland und der Austritt Großbritanniens aus der EU erschweren die Internationalisierung und den Handel. 

Doch auch wer mit dem Geld seine bereits bestehenden Produktionsanlagen aufwerten will, steht vor einem Problem. »Die Mittelständler wissen, dass sie in Digitalisierung investieren müssen – nur nicht wie«, sagt Kammerlander. Je nach Gewerbe seien etwa vernetzte Maschinen, der Einsatz von Drohnen, die Nutzung von Big Data oder die Investition in Start-ups denkbar, um sich die nötige Expertise anzueignen. Aber, so Kammerlander: »Wie stellen sie sicher, dass es das richtige Start-up ist? Das ist wie beim Pferderennen!« Unternehmen wie Google könnten 100 Start-ups aufkaufen, und wenn eines davon groß werde, habe sich die Investition gelohnt. »Aber so etwas geht nur, wenn Sie richtig viel Geld haben.«

Christoph Kaserer, Finanzmarktexperte von der Technischen Universität München (TUM), beobachtet aus diesen Gründen eine große Zurückhaltung bei den Unternehmern: »Viele exportorientierte Mittelständler sind vorsichtig und warten noch ab, wohin es mit Trump geht, bevor sie in neue Produktionsstätten oder Märkte investierten.« Auch ist er skeptisch, ob die Unternehmen von Trumps Konjunkturprogramm und den angekündigten Steuersenkungen profitieren könnten. »Das ist ein zweischneidiges Schwert: Wenn kein freier Warenverkehr mehr herrscht, ist das nicht rentabel. Das gilt auch für Direktinvestitionen. Sollte es tatsächlich zu Strafzöllen kommen, wird das ein ganzes Netzwerk an mittelständischen Unternehmen und Zulieferern treffen.« In Trumps protektionistischer Sichtweise ist der globale Wettbewerb eine Art Wirtschaftskrieg, in dem der Gewinn des einen der Verlust des anderen ist.
 

Folgen werden sich zeigen

Bei der KfW-Bank spürt man noch keine Auswirkungen der unsicheren politischen Lage auf die Finanzierung mittelständischer Unternehmen. Im vergangenen Jahr sei das gesamte Fördervolumen im Mittelstandssektor noch um rund eine Milliarde Euro gestiegen. »Nach den Analysen unseres Research hat sich die Bereitschaft der Unternehmen, zu investieren, im vergangenen Jahr wieder etwas belebt«, sagt ein Sprecher der KfW. »Die Stimmung der mittelständischen Unternehmen war – ohne auf Unterschiede in einzelnen Branchen einzugehen – insgesamt sehr gut, was unter anderem auf die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt, das gute Konsumklima und den starken Export zurückzuführen war.«
 

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