Die Energiewende als Hebel für neue Prozesse
Die Energiewende ist seit dem Jahr 2011 beschlossen. Bis 2022 soll Deutschland stufenweise aus der Kernenergie aussteigen. Braun- und Steinkohle haben dauerhaft keine Perspektive, erneuerbare Energien rücken in den Fokus. Der Anteil von Strom aus Wind, Sonne und Co. am Bruttoendenergieverbrauch soll von rund 11 Prozent im Jahr 2010 auf 60 Prozent im Jahr 2050 steigen. Die Auswirkungen der Energiewende tangieren die Prozesstechniken zur Energieversorgung der Städte. Kommunen stehen vor enormen Herausforderungen, sind aber zeitgleich wichtige Akteure der Energiewende – und für regionale Dienstleister, Unternehmen und Betriebe entscheidende Auftraggeber.
Chancen und Herausforderungen der Städte in der Energieversorgung
Um die neu definierten Ziele zu erreichen, ist es unumgänglich, dass die Stadtentwicklungsplanung, die Versorgungs- und Wohnungswirtschaft sowie alle weiteren Beteiligten passende Strategien für Prozesstechniken und Prozesse im Allgemeinen entwickeln.
In diesem Rahmen sind u. a. folgende Fragen zu klären:
- Welcher Energiebedarf besteht langfristig für welche Gebäude?
- Welche Stadtgebiete sind dauerhaft zentral zu versorgen?
- Wo machen dezentrale Strukturen Sinn?
- Welche räumlichen Bedarfe sind hierfür zu berücksichtigen?
- Welche städtebaulichen Erweiterungs- oder Umbaumaßnahmen können für neuartige Versorgungslösungen genutzt werden?
Die Energiewende stellt Städte aber nicht nur vor Herausforderungen, sondern bietet auch große Chancen für die Region an sich. Die Folge sind kommunale Klimaschutzkonzepte, Energiekonzepte, die Steigerung der Energieeffizienz durch Ausbau der Fernwärmeversorgung, die energetische Sanierung von Gebäudebeständen, Klimaschutz im Rahmen der Bauleitplanung und vieles mehr. Die daraus resultierenden Maßnahmen vom Bau neuer Windkraft- und Solaranlagen bis hin zur Steigerung der Energieeffizienz mittelständischer Unternehmen werden letztlich auf kommunaler Ebene verwirklicht und die Aufträge entsprechend vergeben.
Prozesstechniken zur Energieversorgung wieder kommunal verlagern
Seit dem Jahr 2007 gibt es 60 neu gegründete Stadtwerke. 170 Konzessionen, also Versorgungsaufträge, wurden von kommunalen Energieversorgern übernommen. Dieser Trend der Kommunalisierung bzw. Rekommunalisierung tangiert selbstverständlich auch die Prozesstechniken zur Energieversorgung in den Städten. Denn immer mehr Kommunen wollen die Potenziale zur eigenverantwortlichen Energieversorgung und -erzeugung nutzen. In der Stadt der Zukunft soll sich die Stromerzeugung auf die Dächer und Keller der Bewohner verlagern. Dezentrale Lösungen sind gefragt, die Erzeuger, Stromspeicher, steuerbare Verbraucher und die Netzinfrastruktur intelligent steuern. So könnten Strom- und Wärmespeicher aufgefüllt und nicht verbrauchte Energie zurückgespeist werden. Eine Siedlung ließe sich somit autark betreiben.
Komplexe Prozesstechniken in der „energetischen Nachbarschaft“
Darüber hinaus gibt es in Produktionen, bei Gebäuden und im Verkehr enorme Anstrengungen, die Energieeffizienz zu optimieren. Der Ansatz „energetische Nachbarschaften“ gewinnt unter Berücksichtigung dieses Aspekts vermehrt an Bedeutung. Energieproduzenten und -verbraucher sollen demnach zukünftig nah beieinanderliegen und miteinander gekoppelt werden. Nicht benötigte Energie soll für die Verbundpartner in die benötigte Energieform umgewandelt werden, sodass diese die Energie für ihre Prozesse nutzen können. Auf diese Weise sollen in Siedlungsgebieten lokale Synergien entstehen, um die Energiekosten und den Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren. Ob sich diese Verbünde in der Realität umsetzen lassen und ob sich eine Konzeptionierung lohnt, erforschen Oldenburger und Osnabrücker Wissenschaftler in einer Machbarkeitsstudie. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Effizienzpotenziale vorhanden und realisierbar sind.
Fazit
Für die Städte und die regionale Wirtschaft birgt die Energiewende große Chancen. Energieeffiziente Gebäudearchitektur, der Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen oder die Installation solarthermischer Systeme werden geplant und die Maßnahmen auf kommunaler Ebene umgesetzt. Kommunen und Wohnungsunternehmen auf städtischer Ebene investieren aus diesem Grund seit einigen Jahren in diese Maßnahmen. Städte beschäftigen sich mit komplexen Prozesstechniken zur Energieversorgung und entsprechend effizienter Energienutzung in kommunalen Gebäuden. Um finanzschwache Städte zu unterstützen, sind Bund und Länder dazu angehalten, Förderprogramme für entsprechende Maßnahmen auszubauen und zu gestalten. Für die regionalen Unternehmen und die Wirtschaft im Allgemeinen ergibt sich daraus ein wertvolles Potenzial.