Ein Maschinenbaubetrieb kann nicht selbst Smart Factory werden und gleichzeitig Lieferant für eine Smart Factory bleiben. Unternehmen, die sich in erster Linie mit sich selbst beschäftigen, können bei solchen Umstellungsprozessen schnell den eigenen Absatzmarkt aus den Augen verlieren. Die Maschinenbaubranche gehört traditionell zu den Industrien, deren besondere Stärke in der ausgeprägten Nähe zu den Bedürfnissen ihrer Kunden liegt. Somit ist es nicht in erster Linie die Maschinenbaubranche, die sich aufgerufen fühlen muss, in ihren eigenen Reihen das Konzept der Smart Factory voranzutreiben. 

Maschinenbau als Zulieferer für die Smart Factory weiterhin smart genug
 

Die Sogwirkung, die vom Industrie 4.0-Konzept ausgeht, dürfte sich eher auf Branchen konzentrieren, deren Erzeugnisse erst einmal nicht über die Außenmaße und das Gewicht eines Pkw hinausreichen. Etwas Größeres und ein in so großer Stückzahl zu produzierendes Endprodukt wie einen Pkw dürfte den Urhebern des Industrie 4.0-Konzepts auch nicht vorgeschwebt haben, als sie dieses Motto zur Hannover Messe 2011 ausriefen.

 Ein bekannter Definitionsversuch dessen, was eine Maschine ist, zeigt, dass sich die multiple Beweglichkeit, die in den Smart Factories der Industrie 4.0-Welt vorherrschen soll, nicht im Maßstab 1:1 auf alle Branchen projizieren lässt:

„Eine Maschine ist eine Gesamtheit von miteinander verbundenen Teilen, von denen mindestens eines beweglich ist und nicht direkt von menschlicher oder tierischer Kraft angetrieben wird.“ (Quelle: Definition des Begriffs „Maschine“, wie er zum Bespiel in Artikel 2 der Richtlinie 2006/42/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 verwendet wird.)

 Wenn aber schon die Definition eines Begriffs einen so derart kleinsten gemeinsamen Nenner hervorbringt, dass bereits eine Küchenmaschine zu den typischen Erzeugnissen des Maschinenbaus gezählt werden könnte, wird eines klar: Das Konzept der Industrie 4.0 als solches muss erst einmal auf den Prüfstand der Realitäten geraten.

 In den Sog dieser Idee sollte also erst einmal die Produktion der kleineren Dinge, also kleinere Endprodukte geraten. Die können in der Tat noch smarter hergestellt werden. Unter anderem mithilfe von Investitionsgütern – wie sie vor allem die Maschinenbauindustrie liefert.

 Der Maschinenbau macht diese Vision überhaupt erst möglich – und gehört von jeher zu den ersten Branchen, die frühzeitig neue Anforderungen an immer modernere Produktionsprozesse erfüllen. Sie tut das aber nicht in erster Linie als Branche, die sich selbst optimiert, sondern als eine, die mit großer Anstrengung, Innovationskraft und Kundenorientierung weiterhin in hohem Maße zur Optimierung anderer Branchen beiträgt. 

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Vom Innovationsführer nun auch zum Revolutionsführer?
 

Zum ersten Mal in der Geschichte der industriellen Revolution entsteht ein Paradigmenwechsel nicht durch technologische Jahrhunderterfindungen, sondern erst einmal auf geduldigem Papier. Der Webstuhl brachte die Industrialisierung hervor, die Dampfmaschine ermöglichte die Mobilität, die Elektrizität schuf dann die Grundlagen für das Computerzeitalter. Nun ruft das Computerzeitalter sich selbst aus und erwartet mit dem „Internet der Dinge“ die Vollautomatisierung aller Prozesse durch intelligente Maschinen, Antriebe und Anlagen, die miteinander kommunizieren, um sich selbst zu organisieren. Der Maschinenbau, der sich ohnehin schon eng mit dem Anlagenbau und der Automatisierungstechnik verschmolzen hat, ist hier ganz klar Subjekt und Förderer der Industrie 4.0. Und unter Umständen auch Anführer einer Revolution. Dann allerdings nicht unter dem Diktat, sondern weiterhin in eigener freiwilliger Verzahnung mit dem digitalen Fortschritt. Denn Industrie 4.0 ist kein Kampf, der gewonnen werden muss. Sondern eine Option, zu der ohnehin alle Branchen ihren Beitrag liefern werden – ganz automatisch. Denn so funktioniert Wettbewerb. 
 

Maschinenbau eher in der Praxis als der Theorie verhaftet
 

Die Maschinenbauindustrie ist ein Markt mit stark ineinander verwobenen Lieferanten- und Kundenbeziehungen, wie sie in dieser Form in keiner anderen Branche bestehen. Nirgends findet eine so starke gegenseitige Zulieferung statt wie bei Maschinenbauern untereinander. Die kleine Maschine wird von größeren Maschinen in Serie gefertigt, die größere von noch größeren. Irgendwann ist das Niveau eines Unikats erreicht. Ab irgendeiner Größenordnung mündet jede Maschine in einem beträchtlichen Anteil an Handarbeit oder Manufakturqualität – und liefert sozusagen den ersten Webstuhl, mit dem plötzlich Dinge möglich werden, die vorher nicht möglich waren. Maschinen, die den Bau von Brücken, Kraftwerken oder kilometerlanger Tunnel ermöglichen, entstehen also bereits smart. Aber nicht „Smart 4.0.“, sondern eigenmotiviert aus der Ingenieurskunst heraus. Für die noch unbekannten Abenteuer der Zukunft ist der Maschinenbau also nicht vierter, sondern weiterhin der erste Ansprechpartner, der er immer schon war. 
 

Fazit: Der Maschinenbau war, ist und bleibt smart

Der Mikrochip braucht die Maschine wahrscheinlich mehr als die Maschine den Mikrochip. Das ist ein bewusst provokanter, aber auch lohnenswerter Gedanke. Im Spannungsfeld zwischen dem, was in den Publikums- und Fachmedien hoch aufgehängt und zum Zukunftsproblem hochdiskutiert wird, verrichten Ingenieure und ihre Maschinen erst einmal weiterhin selbstbewusst ihre Arbeit. Man ist also bestens auf alle noch unbekannten und kommenden Aufgaben eingestellt.