Wie still es ist in dieser Fabrik. Nur ein leises Surren ist zu vernehmen, wenn die Roboter von einem Karosseriebauteil zum nächsten gleiten. Geschweißt, genietet und gebohrt wird in der Automobilindustrie schon lange nicht mehr. Stahl und Eisen, vor 40 Jahren mit einem Anteil von 75 Prozent noch die Hauptwerkstoffe bei der Fahrzeugproduktion, machen heute nur noch rund 20 bis 50 Prozent aus. Neue Antriebe erfordern neue Materialien und diese wiederum neue Fügetechniken. Die Aufgabe der Roboter, die hier gerade die Produktion des BMW i3 vorantreiben, besteht im Kleben – das heißt: Haftstoff exakt auftragen, Bauteile fügen und aushärten lassen.
Materialien wie Carbon können praktisch nur noch geklebt werden, und auch bei Metallen entwickelt sich Kleben immer öfter zur crashsichereren Alternative. Das gilt auch für Mikroteile in Hightech-Erzeugnissen wie Smartphones. „Die verbindet man am besten mit Klebtechnik – das gelingt so dauerhaft, dass die Geräte Stürze und extreme Temperaturen überstehen“, sagen die Spezialisten des Industrieklebstoffherstellers DELO aus Windach bei München.
Obwohl für DELO der Leichtbau und die Miniaturisierung wichtige Treiber für den rasant wachsenden Umsatz darstellen: Von selbst verkauft sich Kleber nicht. An den Universitäten wird Kleben als Fügetechnik kaum gelehrt. Auch ältere Ingenieure sind damit nicht vertraut. Denn das Innovationstempo bei der Entwicklung neuer Haftstoffe ist flott. Im Herbst zeigte DELO mit seinem Partner, dem Montagetechnikanbieter Böllhoff, auf der Bondexpo in Stuttgart eine gemeinsame Neuerung: den Klebebolzen Onsert. „Unsere Demoanlage auf der Messe ergab einen richtigen Wow-Effekt“, berichten DELOs Marketingexperten stolz.
Mit klassischen Präsenten, Pressemitteilungen und Produktbroschüren gibt sich das Unternehmen nicht mehr zufrieden. Dafür ist Klebtechnik zu erklärungsbedürftig. Seine Zielgruppen erreicht DELO mit einigem Erfolg auch online. Das ist im B2B-Geschäft nicht selbstverständlich. Auf Xing gibt es eine Gruppe namens „Kleben und Beschichten“ mit rund 1500 Mitgliedern. Das sind Anwender, für die Innovationsmeldungen einen hohen Nutzwert haben. Twitter wiederum ist für DELO als Informationskanal wichtig. Ein Social-Media-Team des Unternehmens bespielt ihn auf Deutsch und Englisch – mit News, Branchentrends und Fachartikeln. Auch Mittelstandsthemen gehören zur Palette. Journalisten, Geschäfts- partner und Kunden sind Follower. Dabei sind weniger die reinen Mitleserzahlen interessant, sondern die Interaktionen, die sie auslösen. So werden mit einem Retweet z. B. durch das Handelsblatt mehr als 100 000 Empfänger erreicht.
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Der Ansatzpunkt der Unternehmen, die Marketing übers Internet betreiben, lautet allzu häufig „Was haue ich raus?“ statt „Was ist relevant für meine Kunden?“, bemängelt Ralf T. Kreutzer, Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Weder prüften sie, welche Ziele auf welchen Kanälen am besten zu erreichen seien, noch werde der Erfolg gemessen. „Weniger als 50 Prozent der Unternehmen kontrollieren ihre Onlineaktivitäten; die übrigen tun das meist nach veralteten Methoden“, sagt Kreutzer. Doch gerade die im Vergleich zur Offlinekundenansprache ausgezeichneten Analysetools erlaubten ein schnell getaktetes closed loop marketing aus Zielformulierung, Maßnahmen, Analyse, Anpassung und neuen Zielen. Mehr noch: Onlinemarketing steht für hohe Reichweiten bei begrenztem Budget. Vorausgesetzt, man macht sich die Mühe herauszufinden, auf welchen Plattformen die Kunden und Multiplikatoren unterwegs sind. DELO weiß das.
Youtube hat sich für das Unternehmen sogar als Instrument der Neukundengewinnung erwiesen, aus dem schon völlig neue Projekte entstanden sind. „Dazu sammeln wir die Wünsche und Anforderungen unserer weltweiten Kunden, befragen Meinungs- und Marktführer und nutzen diese Ergebnisse als Impulse für innovative Lösungen“, erklärt Geschäftsführerin Sabine Herold. Das Marketing ist in den Innovationsprozess von Anfang an mit eingebunden. So bereitet es Case-Studies vor, die zur Markteinführung genutzt werden können. Klebseminare, in enger Verzahnung von Marketing, Trainingsmanagement und Vertriebsingenieuren organisiert, vermitteln Einsteigern und Anwendern das nötige Know-how für die Praxis. „Zum Erfolg führt dabei, dass wir unseren Kunden zuhören und die Themen individuell anpassen“, sagt Herold.
Auf einem eigenen Channel demonstriert DELO seine Technologieführerschaft, macht komplexe Prozesse anschaulich. Klebebolzen statt Schweißbolzen? Abdichten von elektronischen Komponenten? Fixieren von Displays, die beim Crash nicht splittern sollen? All das kann sich das Fachpublikum in musikunterlegten Kurzfilmen erklären lassen. Das für sein Innovationsmarketing preisgekrönte Unternehmen will seine Technikbegeisterung weitergeben. „Warum soll ein Ingenieur in der B2B-Kommunikation nicht auch mal was Schönes zu sehen bekommen und sich über eine gelungene Animation freuen?“, fragten sich die DELO-Kommunikationsverantwortlichen. In der Hoffnung, den Youtube-Marketingerfolg wiederholen zu können, startete DELO kürzlich Aktivitäten auf Youku, dem chinesischen Pendant zum US-Videoportal.
Das wird auch im Fall des Klebebolzen Onsert geschehen. Das Youtube-Video dazu gibt es schon. Dass sich mit Klebebolzen bislang unverschraubbare Materialien fixieren lassen, werden Studenten bald aus der Neuauflage des konkurrenzarmen Lehrwerks Bond it erfahren, das DELO Universitäten, Kunden und Händlern zur Verfügung stellt. Ganz altmodisch – als Buch.
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