Faserverstärkte Hochleistungskeramik als neue Werkstoffgeneration
 

Neben zahlreichen anderen Qualitäten technischer Keramik (zum Beispiel Biokompatibilität bei Implantaten und Piezoelektrizität in der Sensorik und Aktorik) kannten selbst hoch spezialisierte Keramiken bisher nur einen Nachteil: die mangelnde Bruchzähigkeit. Doch auch in diesem Bereich wurden technologische Fortschritte erzielt. Eine neue Generation von faserverstärkten Keramiken und keramischen Verbundwerkstoffen hat die technische Keramik auf ein neues Level gehoben. Zu den anspruchsvollsten Anwendungen, die ohne die thermische Beständigkeit dieses Werkstoffs gar nicht denkbar wären, gehören die Energieerzeugung und Energieumwandlung. 
 

Höherer Wirkungsgrad von Maschinen und Motoren dank keramischer Werkstoffe
 

Im Zuge des „Low-Carbon“-Gebots wird von allen Antriebstechnologien auf Verbrennungsbasis erwartet, dass sie einen immer höheren Wirkungsgrad aufweisen, um die Ressourcen fossiler Energieträger zu schonen. Bei der Weiterentwicklung von Turboladern und Turbinen steht die immer höhere thermische und mechanische Belastbarkeit von Ventilen, Dichtungen, Gleitlagern und letztendlich auch von Rotorblättern im Vordergrund. Keramische Werkstoffe können hier durch ihre Abriebfestigkeit bereits zahlreiche Vorteile ausspielen. So müssen etwa in Turbinen unter extremer Hitze und hoher mechanischer Belastung Rotoren verwendet werden, die zug- und druckfest zugleich sind. Metalllegierungen kommen hier wegen ihrer thermischen Anfälligkeit nicht mehr infrage. Faserverstärkte Hochleistungskeramiken können hier deutlich mehr leisten und dabei auch ihren anderen bekannten Nachteil ausgleichen: Spezialwerkstoffe aus Keramik kosten wesentlich mehr als vergleichbare traditionelle Werkstoffe. Dafür weisen sie eine längere Lebensdauer auf und sind dank ihrer Abriebfestigkeit weniger wartungsintensiv. Die hohen Investitionen in keramische Werkstoffe und Komponenten aus Keramik lohnen sich also dennoch – zumal für zahlreiche Anwendungsbereiche keine vergleichbaren Alternativen existieren. Wo die Ölschmierung zur Trennung beweglicher Maschinenbauteile aufgrund thermischer Bedingungen oder hygienischer Vorgaben nicht mehr möglich ist, übernehmen keramische Werkstoffe diese Aufgabe. Der verschleißfreie Keramikmotor, bei dem nicht nur starre, sondern auch bewegliche Komponenten aus keramischen Hochleistungswerkstoffen gefertigt werden, gilt nicht umsonst als große Vision im Motorenbau. Keramische Mikropartikel werden bereits als Zusatz in Schmierstoffen verwendet, um die Viskosität von Ölen und Fetten zu erhöhen. Generell zeichnen sich keramische Komponenten dadurch aus, dass sie im buchstäblichen Sinne ein reibungsloses Funktionieren ermöglichen. Die hohe Druckfestigkeit von Keramik prädestiniert diesen Werkstoff für alle Einsätze, die nicht nur unter extremen Temperaturen, sondern auch ohne zusätzliche Schmiermittel erfolgen bzw. erfolgen müssen. 

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Keramische Werkstoffe auch in kurzfristigen Kalkulationen lohnenswert?
 

Die Industrie für technische Keramik – als technologisch kompetenter Zulieferer des Maschinen- und Anlagenbaus und der Automotivbranche – sieht vor allem in der kostengünstigeren Serienproduktion von Bauteilen ihre zukünftigen Kernaufgaben. Neue Werkstoffe – und zu denen muss auch faserverstärkte Keramik zählen – setzen sich vor allem dort durch, wo sich Kosteneinsparungen nicht nur in langfristigen Betrachtungen, sondern auch kurzfristig für die Nutzer derartiger Technologien ergeben.
Die Flugzeugindustrie gilt derzeit noch als dankbarster Abnehmer von Werkstoffen, die eine leichtere Bauweise bei gleichzeitig wartungsfreundlicher Haltbarkeit unmittelbar in wirtschaftliche Vorteile durch deutliche Energieeinsparungen ummünzen kann. Die Automobilindustrie hingegen verfolgt die Weiterentwicklung von Keramikmotoren mit einiger Zurückhaltung. Graduelle energetische Vorteile und die längere Lebensdauer der Motoren können noch nicht durch eine adäquate Nachfrage nach solchen – dann auch deutlich teureren – Automobilen refinanziert werden. 

Technische Spezifikationen als zu überwindende Hürden
 

Im Maschinen- und Anlagenbau haben sich keramische Werkzeuge längst etabliert. Allerdings neigt man in dieser Branche traditionell zu einem „Overengineering“, was Qualitätsnormen und Anforderungsprofile betrifft. Technische Keramik kann umso wirkungsvoller andere Werkstoffe verdrängen, je spezifischer ein Anforderungsprofil ausgelegt ist. Alle neuen Werkstoffe, die durch besondere Leichtigkeit oder spezifische Stärken bei bestimmten Kriterien auffallen, weisen im direkten Vergleich zu metallischen Superlegierungen niemals die „Rundum-sorglos-Stabilität“ von Metallen auf. Wo eine besondere Stärke überwiegt, zeigen sich Schwachstellen in anderen Bereichen. Metall wäre durch nichts zu ersetzen, wenn es neben seiner Festigkeit auch mit geringem Gewicht punkten könnte. Allerdings ist der weltweite Trend zu immer leichteren und damit auch energetisch sparsamen Bauteilen, Konstruktionen und Werkzeugen nicht mehr aufzuhalten. 

Fazit: Die Keramikindustrie bleibt selbstbewusst
 

Die Repräsentanten der Branche erkennen ihr großes Potenzial, ihre eigenen Produktionsbedingungen weiter zu optimieren, um auch bei Anwendungen in Produkten mit geringeren Lebenszyklen alternativlos zu werden. Um weitere Marktanteile bei Anwendungen zu erobern, in denen aus Kostengründen noch traditionelle Werkstoffe genutzt werden, sieht sich die Keramikindustrie selbst in der Pflicht, die vielfältigen technologischen Vorteile durch kostengünstigere Herstellungsverfahren zugänglicher zu gestalten. Darin liegt allerdings ohnehin die Kernaufgabe aller modernen Spezialwerkstoffe: nicht nur in hoch speziellen Anwendungen alternativlos, sondern auch auf breiter Basis wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu sein.