Definition: Was ist der Bullwhip-Effekt?
Was haben meterlange Bullenpeitschen (Bullwhips) und Lieferketten miteinander zu tun? Bei beiden reicht ein kleiner Impuls am Anfang, um einen großen – und potenziell schmerzhaften – Ausschlag am Ende zu erzeugen. Im Einkaufsmanagement bedeutet das ganz konkret: zu große Bestellmengen und der kostenintensive Aufbau von Lagerbeständen, die niemand abnehmen wird.
Der Bullwhip-Effekt (oder auch: Peitscheneffekt) ist ein Phänomen im Supply-Chain-Management, das bei Schwankungen der Nachfrage entlang der gesamten Lieferkette auftritt – und umso stärker wird, je weiter man sich in der Lieferkette vom Endkunden über die Händler und Großhändler bis hin zu den Herstellern bewegt.
In mehrstufigen Lieferketten lässt sich immer wieder beobachten, dass trotz relativ geringer Nachfragevariabilität auf Endkundenseite sowohl die Bestellmengen als auch die Lagerbestände auf den höheren Stufen der Lieferkette ansteigen. Wie das in der Realität aussieht, illustriert das Beer Game.
Ursachen: Wie entsteht der Bullwhip-Effekt?
Für die Entstehung des Bullwhip-Effektes gibt es mehrere Ursachen. Fast alle entspringen einer mangelhaften Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren der Lieferkette.
Zeitlicher Verzug bei der Weitergabe von Informationen beziehungsweise Bestellungen ist die wohl häufigste Ursache des Bullwhip-Effektes. Er verhält sich dabei proportional zum Zeitverzug: Je länger es dauert, die Daten oder Materialangaben an die nächste Handelsstufe weiterzugeben, desto stärker ist der Bullwhip-Effekt.
Oft ist aber auch der Mangel an Informationen Schuld am Bullwhip-Effekt: Jeder Akteur der Lieferkette gibt seine Informationen nur an das nachfolgende Unternehmen weiter. Das Problem dabei: Das nachfolgende Unternehmen kann nicht einschätzen, ob es sich bei einer plötzlichen Abweichung der Bestellmenge nur um eine temporäre Schwankung handelt oder um eine dauerhafte Änderung.
Ein weiterer Grund für den Bullwhip-Effekt kann das falsche Bestellverhalten einzelner Akteure entlang der Lieferkette sein. Der Fehler besteht dabei meist darin, dass ein Akteur eine Bestellung in Auftrag gibt, bevor eine andere bestellte Menge im Lager eingetroffen ist.
Andere Akteure bündeln ihre Aufträge, um so bei der Bestellung Kosten zu sparen. Auch hierdurch können Schwankungen in der Lieferkette entstehen. Oder Händler geben Mengenrabatte: Dann nimmt ein Abnehmer eine weit größere Menge ab, als es seinem tatsächlichen Bedarf entspricht.
In jedem dieser Fälle baut die übergeordnete Lieferebene einen Sicherheitspuffer auf, der noch ein bisschen größer ist als der Anstieg der Bestellmenge – denn alle Akteure wollen Lieferengpässe vermeiden. Das führt dazu, dass ein kleines Nachfrageplus bei den Verbrauchern zu einem sehr großen Lageraufbau bei den Herstellern führt.
Lösung: Bullwhip-Effekt vermeiden durch Kooperation und Transparenz
Gänzlich verhindern lässt sich der Bullwhip-Effekt in dynamischen Lieferketten zwar nicht, aber er lässt sich eindämmen. Dafür ist es unerlässlich, dass alle Akteure entlang der Handelskette intensiv miteinander kommunizieren und gegenseitig ihre Bestellabläufe transparent machen. Hierfür bieten sich beispielsweise ERP-Clouds an.
Bevor Unternehmen sich jedoch transparent mit anderen Unternehmen austauschen, müssen sie zunächst sicherstellen, dass alle Abläufe im eigenen Unternehmen transparent, nachvollziehbar und steuerbar sind. Hierbei helfen:
- Supply-Chain-Management-Systeme: Sie identifizieren unter anderem, welche Waren sofort benötigt werden und was zwischengelagert werden kann.
- Integriertes Ordermanagement: hilft, nachzuvollziehen, wann die bestellten Waren produziert und verschifft werden.
Ist diese Transparenz im eigenen Unternehmen gegeben, kann sie mit anderen Akteuren entlang der Lieferkette geteilt werden. Es lohnt sich: Der verbesserte Austausch aller Informationen zwischen Vertrieb, Planung, Einkauf und Logistik entlang der gesamten Lieferkette verbessert die Interpretation der Vorgänge erheblich und sorgt für transparente Steuermöglichkeiten. Beste Voraussetzungen, um den Bullwhip-Effekt zu vermeiden oder zumindest gering zu halten.
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