Komplizierte Verhandlungen: Mächtige Lieferanten oder schwierige Gesprächspartner
Preisverhandlungen laufen nicht immer harmonisch ab: Es gibt schwierige Gesprächspartner, die nur selten zu Kompromissen bereit sind und von ihrer ursprünglichen Forderung kaum abweichen. Es gibt mächtige Lieferanten, die aufgrund ihrer Stärke provokant auftreten und schnell in den Angriffsmodus wechseln. Traditionelle Gesprächs- und Verhandlungstechniken stoßen da oft an ihre Grenzen.
Durch die bewusste Nutzung der Techniken der Verhandlungspsychologie lassen sich jedoch auch solche Gespräche positiv beeinflussen. Hier dreht es sich vor allem darum, die Reaktionen der Verhandlungspartner richtig zu deuten und die eigene Gesprächsstrategie sowie den Kommunikationsstil an die Situation und an sein Gegenüber anzupassen. Ulrike Knauer, Coach für Verhandlungspsychologie, gibt Tipps, wie sich Einkäufer in solchen prekären Situationen gut behaupten können.
Umfassende Vorbereitung ist das A und O
Die Verhandlung beginnt nicht am Verhandlungstisch, sondern weit vorher. Dementsprechend ist die Vorbereitung auf ein Gespräch, das mit einem wichtigen Lieferanten geführt wird und mutmaßlich kompliziert werden könnte, das A und O. Wichtig ist eine subjektive Definition des eigenen Machtbereichs verglichen mit der Position des Gegenübers. Hier kann ein Gefälle entstehen, da beide Parteien die Macht des anderen oft überschätzen. Wer dies im Hinterkopf hat, kann aus einer ganz anderen mentalen Stärke heraus in die Verhandlung einsteigen.
Zudem sollte sich der Einkäufer vor dem Gespräch bewusst machen, welche Relevanz er für den Lieferanten hat. Hilfreich ist eine Liste mit den zehn wichtigsten Kunden des Zulieferers, auf deren Basis dann die eigene Wertigkeit eingeschätzt werden kann. Ist diese gering, müssen mehr Zugeständnisse an den Lieferanten eingeräumt werden als bei einer hohen Relevanz.
5 Techniken der Verhandlungspsychologie
In schwierigen, wenig partnerschaftlichen Verhandlungen gibt es diverse Möglichkeiten, mit den Techniken der Verhandlungspsychologie zum Erfolg zu kommen:
- Den Verhandlungspartner unter Stress setzen. Denn unter Stress werden mehr Zugeständnisse gemacht als in einem entspannten mentalen Zustand. Das funktioniert beispielsweise schon, indem der Einkäufer den Lieferanten warten lässt – egal ob virtuell oder am Verhandlungstisch.
- Den Entscheidungsträger des Lieferanten mit an den Tisch holen. Denn dieser kann dem Einkäufer in der Regel weiter entgegenkommen als der Verkäufer.
- Den Spielraum des Lieferanten herausfinden: Nach einer geforderten Preissenkung sollten Einkäufer dem Lieferanten schweigend in die Augen schauen. In dem Moment, wo der Lieferant wegschaut, denkt er nach. Das impliziert eine gewisse Preistoleranz gegenüber dem vorher aufgerufenen Angebot. Dieses Spiel sollten Einkäufer dreimal während eines Gesprächs aufziehen, um auch bei gut ausgebildeten Verkäufern den Verhandlungsspielraum aufzudecken.
- Als Einkäufer immer relativ verhandeln, nie absolut. Bedeutet: Sich in Prozentzahlen aufeinander zubewegen, nicht in konkreten Summen. Ein Beispiel: Der Lieferant will 100 Euro für ein Produkt haben, der Einkäufer bietet 50. Treffen sich beide in der Mitte, muss der Lieferant nur auf 25 Prozent verzichten, der Einkäufer aber 50 Prozent draufschlagen. Würden sich beide um 33 Prozent bewegen, würde die Einigung bei rund 67 Euro liegen – ein für den Einkäufer wesentlich besserer Deal.
- Good guy, bad guy: Die Einkaufsseite tritt zu dritt auf: Zwei Einkäufer und in der Mitte sitzt der Einkaufsleiter, der das Gespräch moderiert. Ein fachlicher Experte mimt dabei den freundlichen und zuvorkommenden Einkäufer, der andere agiert knallhart. Aus dieser Situation heraus resultiert in vielen Fällen eine Unsicherheit beim Lieferanten, auf dann fallende Zugeständnisse kann der Einkaufsleiter sein Gegenüber festnageln.
Wenn die Situation eskaliert: So handeln Sie richtig
Generell sollten Einkäufer in eskalierenden Gesprächen sachlich bleiben und von der grundsätzlichen Position nicht abweichen, auch wenn der Lieferant zum Angriff übergeht. Um die Situation zu beruhigen, können bisher nicht ins Spiel gebrachte Optionen und neue Alternativen helfen. Das muss nicht eine Verbesserung des Angebots sein, sondern kann sich auch auf die Zahlungsbedingungen, Lieferkonditionen oder Ähnliches beziehen.
Einkäufer sollten sich im Extremfall jedoch nicht davor scheuen, die Verhandlung abzubrechen. Wenn die Emotionen hochkochen, ist eine Vertagung um ein oder zwei Tage eine gute Option. So kann der Lieferant nochmals in sich gehen, an welchen Punkten er gegebenenfalls nachgeben kann. Alternativ kann auch schon eine kurze Verhandlungspause helfen.