Was bedeuten die Koalitionsvereinbarungen für innovative Unternehmen? Wie beurteilen Sie die Vorhaben?

Insgesamt sehr positiv. Die neue Bundesregierung will den Anteil der gesamtstaatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2025 erhöhen. 2019, im Jahr vor der Corona-Krise, betrug dieser Anteil am BIP 3,2 Prozent, insgesamt 110 Milliarden Euro. Allein die Steigerung um 0,3 Prozent bedeutet einen Mittelaufwuchs um ca. 10 Milliarden Euro und damit einen erheblichen Wachstumsschub.

Wie wirkt sich das auf bestehende und neue Förderprogramme aus?

Ziel ist die bestehenden Förderprogramme bedarfsgerecht auszustatten und dynamisch fortzuschreiben.

Dies ist zum Beispiel eine gute Nachricht für die steuerliche Forschungszulage, mit der Unternehmen jährlich bis zu eine Millionen Euro als steuerfreie Zulage beantragen können. Die steuerliche Forschungszulage hat inzwischen eine hohe Bedeutung als Instrument der Breitenförderung.  Die Bundesregierung trägt der breiten Förderung von Innovationen mit einem Budget von jährlich 1,4 Milliarden Euro Rechnung.

Auch die Spitzenforschung in Form der Hightech-Strategie profitiert von diesem Aufwuchs. Zugute kommen diese Mittel hochinnovativen Themen wie KI, Quantentechnologie, Wasserstoff, Medizin, nachhaltige Mobilität, Bioökonomie, Kreislaufwirtschaft und vieles mehr.

Was bedeutet der Mittelaufwuchs für die mittelständischen Unternehmen?

Die neue Bundesregierung will neues Zutrauen in Gründergeist, Innovation und Unternehmertum schaffen. Dazu will sie die Innovationsförderung und -finanzierung stärken und entbürokratisieren. Die populären Förderprogramme wie „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)“, „Industrielle Gemeinschaftsforschung für Unternehmen (IGF)“, „INNO-KOM“, „go-digital“ und „Digital Jetzt“ werden weiterentwickelt.

Große Hoffnungen setzen viele mittelständische Unternehmen in die Neuauflage des Innovationsprogramms für Geschäftsmodelle und Pionierlösungen (IGP). Damit können zukünftig auch nichttechnische Innovationen über Zuschüsse gefördert werden. Das IGP wurde bereits in der vergangenen Legislaturperiode pilotiert, war aber letztlich unzureichend mit Mitteln ausgestattet.

Und welche neuen thematische Schwerpunkte setzt sie?

Die Innovationsförderung des Bundes soll nun auch für soziale und ökologische Innovationen geöffnet werden.
 


Die neue Bundesregierung hat sich vor allem Zukunftsinvestitionen auf die Fahnen geschrieben. Was können wir hier erwarten?

Die neue Bundesregierung will mehr privates Kapital für Transformationsprojekte aktivieren. Dazu sollen öffentliche Förderbanken kapitalmarktnah zur Risikoabsicherung Beiträge leisten. Die KfW soll stärker als Innovations- und Investitionsagentur wirken.

Beispiele sind Zukunftsfonds für Start-ups und Finanzierungsmodelle öffentlicher Infrastrukturinvestitionen. Um eine Erhöhung des Finanzierungsvolumens insbesondere für die Klima- und Digitalisierungstransformation der Wirtschaft zu erreichen, soll das Förderinstrumentarium bedarfsgerecht ausgeweitet werden.

Im Wahlkampf wurde viel über die Finanzierung der Energiewende gesprochen. Welche Pläne hat die Bundesregierung hierzu?

Die neue Bundesregierung will den Energie- und Klimafonds (EKF) zu einem Klima- und Transformationsfonds weiterentwickeln. Hierzu stellt sie nicht genutzte Kreditermächtigungen des Bundes dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zweckgebunden für zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung.

Damit sollen die Folgen der Corona-Pandemie und nicht erfolgte Investitionen in den Klimaschutz nachgeholt werden. Stärker noch als bisher werden im KTF Maßnahmen zum nationalen und internationalen Klimaschutz und zur Transformation der Wirtschaft gebündelt. Dies gilt auch für Maßnahmen zur Förderung der klimafreundlichen Mobilität.

Fördermittel werden zukünftig noch mehr die Rentabilität unternehmerischen Handelns bestimmen. Wie können Unternehmen diese Chancen ausschöpfen?

Wir beobachten in unseren Beratungsprojekten, dass viele Unternehmen Fördermittel nur bei konkreten und aussichtsreichen Anlässen beantragen. Eine anlassbezogene Nutzung der Investitions- und Innovationsförderung schafft jedoch nicht die notwendigen Voraussetzungen, um dauerhaft und systematisch mögliche Förderansprüche zu realisieren. Zudem sehen Mitarbeiter*innen die Beantragung von Fördermitteln oft als lästige Zusatz- und Pflichtaufgabe.

Was schlagen Sie vor?

Unternehmen sollten ihr Fördermittelmanagement systematisieren. Damit sollten sie in der Lage sein, fortlaufend die Förderfähigkeit aller Investitions- und Entwicklungsvorhaben zu prüfen, sowohl im Hinblick auf steuerliche Zulagen als auch auf mögliche Projektförderungen.

Besondere Bedeutung hat hierbei die Strukturierung des Fördermittelprozesses. Die höhere Prozesssicherheit bei Fördermittelanträgen sorgt für effiziente Arbeitsabläufe und höhere Erfolgsquoten. Auch die Mitarbeiter*innen sehen die Beantragung von Fördermitteln dann nicht länger als lästige Pflichtaufgabe. Und nachweislich ermöglichen Fördermittel anspruchsvollere Projektziele!

Vielen Dank, Herr Haimerl!

Helmut Haimerl

Helmut Haimerl ist Leiter des Steinbeis Beratungszentrums Technologieförderung & Projektfinanzierung. Als führendes Beratungsunternehmen für die Auswahl, Beantragung und Durchsetzung optimiert das Beratungszentrum die Fördermittelansprüche von Unternehmen.